Ungereimtheiten in gefälligen Reimen

59. Auflage von „Karneval mit Liederheim“: Mit Biss und Spott durch das Jahr

Lage. Sehr gut besucht, allerdings nicht ausverkauft war die Aula des Schul- und Sportzentrums Werreanger, als dort der MGV Liederheim am Samstag, 19. Januar 2019, seine traditionelle Prunksitzung feierte. Wie in den vergangenen Jahren wurde auf der von Elferratspräsident Björn Cruel geleiteten Prunk- und Satiresitzung eine große Vielfalt von Ungereimtheiten mit Humor, zuweilen auch mit Schadenfreude aber immer in gefälligen Reimen vorgetragen. Das Publikum hatte in der Regel seinen Spaß und bedachte die zahlreichen Aktiven meistens mit viel Applaus.
Wieder einmal waren es die Ereignisse der lokalen, deutschen und globalen Politik des vergangenen Jahres, die den Karnevalisten des MGV „Liederheim“ Munition für ihre Spottverse lieferten. Jenseits der Politik kosteten die Liederheimer bzw. die Melodicas auf ihrer Prunksitzung mit Genuss Mesut Özils „Fotogeschichte“ vor der Fußball-WM 2018 aus: „Özil, mach mal ein Foto / mach mal ein Foto von dir./ Mesut, schenk mir ein Foto,/ nur so ein Foto wünsch ich mir.“
Auch der Wechsel des Abfallentsorgers (von Tönsmeier zu Veolia) scheint in Lage ein Riesen-Thema zu sein: „Veolia, mir platzt der Sack,/ das Material zu dünn und schlapp,/ Veolia, was mach ich nur,/ denn gleich schon kommt die Müllabfuhr.“ (nach „Veronika, der Lenz ist da“ von den Commedian Harmonists). Offenbar hatten die Liederheimer mit diesen Zeilen den Nerv des Publikums getroffen, den die jubelnde „Narr­halla“ fühlte sich bestens unterhalten.
Vor den eröffnenden Worten des Präsidenten Björn Cruel schrieben die Liederheimer den vor drei Jahren nach 20-jähriger Abstinenz wieder eingeführten Brauch fort: Alle Chormitglieder versammelten sich auf der Bühne und stimmten die Besucher auf das kommende Geschehen ein mit „Wo sind die Clowns“, ein Lied der deutschen Mittelalter-Folk-Rock-Band „Saltatio Mortis“ („Totentanz“).
Nachdem Sitzungs- und Elferratspräsident Björn Cruel Gäste und Ehrengäste begrüßt hatte, nahm das Programm seinen Lauf. Die Lis­te der auftretenden Ensembles war lang, aber die Nummern folgten zügig aufeinander. Auch die Akustik scheinen die Liederheimer im Vergleich zu den Vorjahren gründlich überarbeitet zu haben. Die Texte waren überall gut zu hören und zu verstehen.
Seit Jahren ist der Liederheim-Karneval dafür bekannt, dass er sowohl kommunale wie auch nationale und internationale Themen „aufspießt“ und daraus seinen Honig saugt. Diesmal stellten auf lokaler Ebene der neue Kunstrasenplatz auf dem Werreanger, der Umbau des Jahnplatzes und die „Cold Water Beer Challenge 2018“ der Lagenser Schützen (um nur einige Beispiele zu nennen) den Fundus dar, aus dem sich die Liederheimer zu bedienen wussten.
Auf nationaler Ebene ging es z.B. um die Neubesetzung der CDU-Spitze („Good bye Angie) und um die Landtagswahlen: „Die CSU auf Stimmenfang,/ diesmal sogar am rechten Rand“ und „die bekloppte Nahles, die röhrt in den Saal / Nächstes Mal wird’s besser, bei der Hessen Wahl“. Passenderweise wurde dieses Lied vorgetragen zur Melodie von „Wenn am Sonntagabend die Dorfmusik“ spielt; ein Schlager von Lolita (= Edith Einzinger), eine österreichische Schlagersängerin, Schauspielerin und Fernsehmoderatorin, die in Deutschland bekannt wurde u.a. durch die Moderation der ZDF-Sendung „Lustige Musikanten“ in den Jahren 1976 bis 1978.

„Kaltes Wasser mit viel Bier“
Thomas Reiche und Rudolf Müller-Ebbighausen als Duo „Mops Kuckuck“ trugen Heinz Rudolf Kunzes Lied „Willkommen liebe Mörder“ vor, in dem es heißt: „Willkommen liebe Mörder, fühlt euch wie zuhause,/ bedient euch, macht es euch bequem“. Sehr viel unbeschwerter dagegen das von Dirk Detert vorgetragene Lied zur „Cold Water Beer Challenge 2018“ in der Waddenhauser Pfütze (nach Conny Froboes „Pack die Badehose ein“): „Pack die Badehose ein, und steig in den Bus hinein,/ und dann nix wie raus zur Pfütze./ Müssen heute baden geh‘n, im Wasser ein paar Runden dreh‘n / und vergiss nicht deine Mütze./ Water Challenge machen wir, kaltes Wasser mit viel Bier.“
Vorgetragen wurde die bunte Mischung von den verschiedenen Liederheim-Ensembles (z.B. Mops Kuckuck, Zündkerzen, Melodicas), wobei die Aktiven (hauptsächlich Thomas „Tobi“ Reiche, Rudolf Müller-Ebbighausen, Robin Oliveira Bernardo, Gerold Obst, Dirk Detert und - als Neuzugang - Thomas Ludewig) in immer wieder neuen Rollen auftraten.

Martin und Jakob
Einen bemerkenswerten Auftritt hatten auch die beiden Ur-Schützen „Martin“ (Erhard Kirchhof) und „Jakob“ (Michael Krügermeyer-Kalthoff). Sie stichelten gegen den amerikanischen Präsidenten Donald Trump und dessen Absicht, die illegale Einwanderung an der amerikanisch-mexikanischen Grenze zu unterbinden: „Auf der Mauer auf der Lauer sitzt ein Mexikaner,/ dieser Mexikaner wär gern Amerikaner. / Vor der Mauer steht ein schlauer blonder Amerikaner,/ dieser Amerikaner mag keine Mexikaner.“ Im weiteren Verlauf verwandelte sich Michael Krügermeyer-Kalthoff in Erich Honecker und Erhard Kirchhof in Walter Ulbricht. Beide sinnierten darüber, welche Karriere sich ihnen als Mauer-Erbauer jetzt in den USA eröffnen könnte…
Uneingeschränkten Beifall erhielten auf der Prunksitzung natürlich auch die „LieLa-Girls“. In diesem Jahr zelebrierte das Männerballett in einem Anflug von Laszivität Rihannas „Love On The Brain“. Mit Beifall überschüttet wurde auch der zweimalige Auftritt der Mädchen der Tanzgarde der TG Lage.