„Umgestaltung zum Sporthaus“ mehrheitlich abgelehnt

Koalition verweist auf das bereits genehmigte Mehrzweckgebäude - Opposition sieht Rückschlag für die Stadtgesellschaft

Lage.
Erstaunen und Befremden auf den Plätzen der Opposition, lange Gesichter und Enttäuschung in den Zuschauerreihen: Mit 21 Stimmen der Koalition (CDU, Grüne, FDP) gegen 18 Stimmen der Opposition (SPD, AfD, FWG/BBL, Aufbruch C) wurde im Stadtrat bei einer Enthaltung das Vorhaben abgelehnt, im Rahmen des „Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes“ (ISEK) Städtebaufördermittel zu beantragen für den Bau eines Vereinstreffpunktes im Untergeschoss des Hallenbades.
Bürgermeister Matthias Kalk­reuter warb für das Vorhaben, einen Vereinstreffpunkt bzw. ein „Sporthaus“ im Hallenbaduntergeschoss zu bauen. Die Gesamtkosten bezifferte das Stadtoberhaupt mit „100.000 Euro, möglicherweise 80.000 Euro“.
Weil es ein ISEK-Projekt sei, gäbe es im Fall der Genehmigung einen Zuschuss aus Städtebaufördermitteln in Höhe von 60 Prozent, also 48.000 bis 60.000 Euro. Die Stadt müsse 40 Prozent tragen, also 32.000 bis 40.000 Euro.
Bürgermeister Kalkreuter erinnerte während der jüngsten Ratssitzung am 26. August 2021 daran, dass der Stadtrat am 23. Juni 2020 das ISEK beschlossen habe. Die Maßnahme „Umgestaltung von vorhandenen Räumlichkeiten zum Sporthaus“ sollte in den Jahren 2021 bis 2022 umgesetzt werden und war mit Ratsbeschluss vom 24. September 2020 bei der Bezirksregierung für die Städtebauförderung 2021 angemeldet worden. Durch die mehrfache Überzeichnung des Städtebauförderung-Programms fand die Maßnahme „Umgestaltung … zum Sporthaus“ im Jahr 2021 keine Berücksichtigung. Die Gesamtkosten des Umbaus waren ursprünglich auf 180.000 Euro geschätzt worden.
Nahezu zeitparallel zur Maßnahme „Umgestaltung zum Sporthaus“ hatte der Rat für das Jahr 2021 aus dem „Inves­titionspakt Sportstätten 2021“ Fördermittel beantragt für den Neubau eines Multifunktions-/ Mehrzweckgebäudes inkl. Sportumkleideräume und Sanitäreinrichtungen im Schul- und Sportzentrum Werreanger (vorgesehener Standort: zwischen Sporthalle 2 und neuem Kunstrasenplatz). Diesem Antrag wurde im Frühjahr 2021 stattgegeben. 776.000 Euro (= 90 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben) wurden seitens der Landesregierung genehmigt für das Mehrzweckgebäude „Sportzentrum Werreanger“.
Während der jüngsten Ratssitzung ging es darum, die Maßnahme „Umgestaltung zum Sporthaus“ erneut zur Förderung anzumelden. Allerdings mit dem oben erwähnten, verringerten Kostenaufwand (80.000 bis 100.000 Euro), weil das bereits genehmigte Multifunktions-/ Mehrzweck­gebäude mit Umkleiden und Sanitäreinrichtungen errichtet wird. Diese Einrichtungen müssen nicht mehr neu gebaut bzw. saniert werden im Untergeschoss des Hallenbads.


Begegnung und Austausch
Funktionsschwerpunkt des Sporthauses sollten also nicht die Umkleiden und die Duschen sein, sondern die Begegnung und der Austausch. Im ISEK heißt es dazu: „Das Sporthaus soll vorrangig dem Sportverein SuS Lage als neue Heimstatt und darüber hinaus als Begegnungsstätte für die die Sportanlagen nutzenden Gruppen der unterschied­lichs­ten Nationalitäten und Altersgruppen dienen (…) Zentraler Baustein ist ein Raumangebot für Begegnungen und gemeinsame Veranstaltungen aller Generationen und Nationalitäten in dem Sportverein. Aber auch gemeinsame Veranstaltungen mit dem benachbarten H.O.T. oder den Schulen sind denkbar.“

Ja zur Eigenleistung
Diese Begründung missfiel den Ratsmitgliedern der Koalition. Ein eventuelles Sporthaus müsse allen Vereinen offen stehen, befand Titus Donhauser (Grüne). Wenn der SuS einen Begegnungsraum benötige, könne er den geplanten Multifunktionsraum im zukünftigen Mehrzweckgebäude nutzen, sagte Olaf Henning (FDP). Falls der SuS die jetzigen Untergeschossräume in Eigenleistung zu einem Treffpunkt umgestalten wolle, würden ihre Fraktionen sich dafür einsetzen, dass die Stadt dem Verein die Sachkosten ersetze, bekräftigten die beiden Fraktionsvorsitzenden Michael Biermann (CDU) und Frank Drexhage (Grüne). Aber der förmliche Antrag auf „Umgestaltung zum Sporthaus“ werde abgelehnt, weil es keine sächlichen Gründe für SuS-Räume zusätzlich zum Mehrzweckgebäude gebe und weil die Stadt auf ein großes Haushaltsloch zusteuere.
AfD-Ratsherr Uwe Detert hielt dagegen. In den Unterge­schoss­räumen befänden sich in die Jahre gekommene Sanitäreinrichtungen, die professionell ausgebaut werden müsst­en. Ein Sportverein könne das nicht in Eigenleistung erledigen.

Fassungslos und geschockt
Andreas Epp (Aufbruch C) bedauerte in Richtung Jamaika-Koalition: „Ich bin fassungslos, was bei Ihnen los ist.“ Man könne ein Bestandsgebäude sanieren und erhalte möglicherweise dazu einen 60-prozentigen Zuschuss.
Wie könne man nur eine solche Möglichkeit ausschlagen? Zumal der städtische Eigenanteil sich auf die relativ überschaubare Summe von 40.000 Euro belaufe.
Angelika Schapeler-Richter (FWG/BBL) bekannte, dass sie von der Ablehnung „geschockt“ sei. Beim Sporthaus-Projekt handele es sich nicht um ein Vorhaben, das allein dem SuS diene. Wer das behaupte, gehe ganz bewusst von falschen Tatsachen aus. Es gebe keine kostengünstigere Möglichkeit, die Räume im Hallenbaduntergeschoss zu sanieren.
„Für die Stadtgesellschaft“
Sportausschussvorsitzender und SPD-Ratsherr Matthias Kaiser setzte sich mit Nachdruck (wenngleich ohne greifbaren Erfolg) für das Sporthaus-Projekt ein. Der SuS sei gut 100 Jahre alt, zähle etwa 300 Mitglieder und besitze keinen eigenen Sozialraum / Treffpunkt mehr, seitdem ihm der Standort Eichenallee genommen worden sei. Die Möglichkeit, das vorhandene Untergeschoss mit Zuschüssen umzubauen, sei eine „Win-Win-Situation für die Stadt und den Verein in Sachen Sport und Integration“. Jugendarbeit im Verein benötige feste Strukturen - und dazu gehörten auch Sozialräume bzw. Treffpunkte. An die Koalitionsmitglieder appellierte Sportausschussvorsitzender Kaiser: „Entscheiden Sie sich für das Zusammenleben in der Stadtgesellschaft. Der SuS ist seit vielen Jahren wichtig für die Integration. Zerstören Sie keine Strukturen, die über viele Jahre gewachsen sind.“