Stadt muss „den Dreck anderer Leute“ einsammeln

Säuberungsaktion: Verschmutzung des Werre-Umfluters erfordert umfassende Reinigung durch Fachfirma

Lage.
Müll in der Landschaft ist heutzutage ein Thema, das immer wieder für Schlagzeilen sorgt. Einige Menschen werfen ihren Unrat ohne Rücksichtnahme in die Natur und denken möglicherweise nicht über die Folgen ihres Tuns nach. Andere entsorgen ganz bewusst ihren Sperr- und Baustellenmüll in freier Natur, weil dies bequemer und preiswerter ist, als den Müll zu einer Sammelstelle, einer Deponie oder einen Wertstoffhof zu transportieren.
Eine Aufgabe der Stadtverwaltung ist es, gegen diese Bequemlichkeit bzw. diese Nichtbeachtung der Vorschriften anzukämpfen - mit Aufklärung und gegebenenfalls mit Ordnungsstrafen. Nichtsdesto­trotz bleibt der Stadt oftmals nichts anderes übrig, als „den Dreck anderer Leute“ einzusammeln bzw. gegen Bezahlung einsammeln zu lassen, um die Spuren der unerlaubten Müllentsorgung zu beseitigen. So auch Ende vergangener Woche am und im Stauteich im Bereich der ehemaligen Mühle Alt­rogge an der Stauffenbergstraße.
Sven Anders, der Leiter des städtischen Fachteams Stadtentwässerung & Wasserwirtschaft, hatte ein Landschaftspflege-Unternehmen beauftragt, dessen Mitarbeiter Ende vergangener Woche mehrere Tage damit beschäftigt waren, Glasflaschen, Dosen, Plastik aller Art sowie Holz- und Pflanzenreste aus dem Teich sowie vom Ufer und aus den Büschen in Ufernähe zu bergen. Dabei kam auch ein Boot zum Einsatz, um Müll aus dem Wasser zu fischen und vom Grund des kleinen Sees aufzusammeln. An Ort und Stelle wurden die Müllfraktionen getrennt und in zwei Containern gesammelt, deren Inhalt fachgerecht entsorgt wurde.
Fachteam-Leiter Sven Anders berichtete, dass zwei- bis dreimal im Jahr eine solche groß angelegte Reinigungsaktion am Umfluter-Wehr stattfinde. Die dort abgelagerte Müllmenge sei abhängig vom Umweltverhalten der Menschen und von Hochwasser- bzw. Starkregenereignissen. Wenn niemand etwas in die Werre oberhalb des Stauwehrs werfe, sähen Teich und Ufer sauber aus. Sauber sähen sie allerdings auch dann aus, wenn nach einem Hochwasser oder einem Starkregen der Werre-Wasserverband die Schotten (Trennwände) des Wehrs öffne und die angestiegene Werre allen Dreck mit sich nehme und wegspüle. Wegen dieser nicht planbaren Ereignisse könne kein fester Turnus für Säuberungsmaßnahmen festgelegt werden, erläuterte Sven Anders. Für die Reinigung des Umfluters an der Stauffenbergstraße seien je nach Arbeits- und Zeitaufwand jeweils 2.500 bis 3.000 Euro zu veranschlagen.

„Kontrollieren regelmäßig“
Der Fachteam-Leiter: „Wir kontrollieren regelmäßig, dass das Müllaufkommen den Durchfluss hier am Umfluter sowie auch flußaufwärts am Schulzentrum Werreanger und im Bereich der neuen Brücke am Gut Ottenhausen nicht behindert.“ Würde der Abfluss der Werre gestört, zum Beispiel durch Stämme, große Äste oder Zaunpfähle im Wasser, könne es dort zu Überflutungen kommen.
Der städtische Abwasserfachmann wies des Weiteren darauf hin, dass es oftmals ein Ärgernis sei, welche Gegenstände im Wasser oder am Uferrand illegal entsorgt würden. Die aktuelle und frühere Reinigungsaktionen hätten Fahrräder, Flaschen, Fußbälle, Reifen, Baumaterial, Holzreste und vor allem jede Menge Gehölz-, Strauch- und Rasenschnitt sowie auch die genannten Zaunpfähle zutage gebracht.
„Wir alle sind informiert über die Vermüllung der Meere und die damit verbundenen Gefährdungen der Umwelt. Speziell im Bereich dieses Umfluters ist das Müllaufkommen durch die Zuwiderhandlungen der Menschen bedingt, die hier ihre Abfälle im bzw. am Wasser entsorgen. Gelebter Umweltschutz fängt vor der eigenen Haustür an. Deshalb appellieren wir noch einmal an dieser Stelle an die Bürgerinnen und Bürger, hier nicht ihre Abfälle zu entsorgen“, stellte Beigeordneter Thorsten Paulussen heraus. Zuweilen dränge sich der Eindruck auf, so der Beigeordnete, dass manche Gartenbesitzer ihren Strauch- und Rasenschnitt ganz bewusst in unmittelbarer Nähe zur Werre lagerten, damit der Fluss nach einem Starkregen ihnen die Entsorgung abnehme.
Die Funktionalität der Wehranlage an der Stauffenbergstraße liegt in den Händen des Werre-Wasserverbandes, der mit Sensoren die Wasserstandshöhe kontrolliert und automatisch das Öffnen und Schließen der Schleuse veranlasst.
„Auch im politischen Raum wird über Sauberkeit im Stadtbild diskutiert, so auch im Ordnungsausschuss. Wir alle sind daran interessiert, dass sich das Stadtbild attraktiv darstellt“, informierte Fachbereichsleiter Frank Rayczik, der an die jüngste Sitzung des Ausschusses für öffentliche Ordnung, Sicherheit, Feuerwehr und Mobilität (AöO) am Dienstag, 13. April 2021, erinnerte. Auf dieser Sitzung war es u.a. um den von der FWG/BBL-Fraktion eingebrachten Antrag „Reinhaltung der Werre, insbesondere im Bereich der ehemaligen Mühle Alt­rogge“ gegangen.

FWG/BBL-Antrag
Im bereits im Januar 2020 gestellten Antrag hieß es: „Unsere Fraktion hatte einen gleichlautenden Antrag bereits 2014 eingereicht, ebenso haben andere Fraktionen ähnlich lautende Anträge zu dieser Problematik eingereicht, passiert ist bisher jedoch nichts. Im Bereich der ehemaligen Mühle Alt­rogge staut sich nicht nur das Wasser, sondern auch viel Unrat. Bei einem reinen Wasserablass bliebe das Problem bezüglich der Müllansammlung ungelöst. Der in diesem Bereich angesammelte Müll würde lediglich an einer anderen Stelle der Werre angeschwemmt werden.
Im Zuge der Innenstadtbelebung und Attraktivitätssteigerung sollte daher zwingend auch für dieses Problem zeitnah eine Lösung gefunden werden. Denn durch den unmittelbar angrenzenden Parkplatz und den fußläufigen Personenverkehr wird jede Person, die diesen Bereich nutzt, zwangsläufig auf den im Wasser treibenden Unrat aufmerksam gemacht.
Allein durch McDonald’s und weitere Geschäfte in unmittelbarer Nähe muss deshalb auch dieser Bereich mit einbezogen werden, wenn es um Attraktivitätssteigerung und Sauberkeit geht. Die Stadtverwaltung müsste zwischenzeitlich doch ermittelt haben, wer für die Beseitigung des sich im Bereich der ehemaligen Mühle ansammelnden Mülls bzw. für die Entsorgung verantwortlich ist (…) Wir bitten die Verwaltung daher nochmals zu prüfen, wer für die Umsetzung der Reinigungsmaßnahmen verantwortlich ist und (wir bitten) feste Intervalle für die Gewässerreinigung im Bereich der ehemaligen Mühle festzusetzen.“