Menschen ansprechen, informieren und mitnehmen

Gemeinschaft und Vielfalt: Lage behält eine engagierte Lokalzeitung mit einer starken Stimme

Mit dieser letzten Postillon-Ausgabe des Jahres 2022 endet für den Postillon nicht nur ein Zeitungsjahr, sondern mehr noch eine länger als sieben Jahrzehnte währende Tradition: 72 Jahre lang wurde der Postillon als Lagenser Wochenzeitung von einem in Lage beheimateten Verlag herausgegeben. Das ändert sich mit Beginn des neuen Jahres. Am 1. Januar 2023 übernimmt die Rautenberg Media KG als ein in der dritten Generation familiengeführtes Medienhaus mit Hauptsitz in Troisdorf die Verantwortung für die Lagenser Heimatzeitung, die zukünftig alle zwei Wochen erscheinen wird. Der Postillon wird weiterhin kostenlos an die Haushalte verteilt werden. Und er wird weiterhin möglichst aktuell und umfassend über die örtlichen Ereignisse berichten - von der Lokalpolitik über die Geschäftswelt bis zum Vereinsleben.
1950 entschlossen sich der Kaufmann Hermann Meinsen sowie seine Söhne Heinz und Günter, ein Wochenblatt für Lage herauszugeben. Die Familie Meinsen führte die Zeitung zwei Generationen bzw. gut 40 Jahre bis Ende 1990. Auch die Meinsens machten sich damals Gedanken, wie es nach ihrem Ruhestandseintritt mit dem Postillon weitergehen könnte. Und ob es überhaupt weitergeht.
Es ging weiter, denn am 1. Januar 1991 übernahm das Verlegerehepaar Ingrid und Peter Thiele den Postillon, der nach dieser Übernahme immer wieder modernisiert und den Erfordernissen der Zeit angepasst wurde. Der Postillon vollzog die vielleicht größte Änderung in seiner bisherigen Geschichte im Jahr 2001. Erstmals am 3. Mai 2001 erschien er durchgehend farbig, in einer neuen optischen Gestaltung, mit Neuerungen im Inhalt und in dem für eine Zeitung typischen Seitenformat statt in Heftform. Eine weitere Umstellung betraf die Form der Verteilung: Musste man früher den Postillon abonnieren, um ihn lesen zu können (ein Abonnement kostete zuletzt 9 Mark pro Quartal), wurde und wird er seit Mai 2001 in einer Auflage von etwa 18.000 Exemplaren im Gebiet der Großgemeinde Lage sowie in angrenzenden Ortschaften als kos­tenlose Wochenzeitung verteilt.
Aber nach mehr als 30 Jahren Herausgeberschaft stellte sich ebenfalls dem Ehepaar Thiele, wie vorher schon den Meinsens, die Frage, wie es nach dem Ruhestandseintritt mit dem Postillon weitergehen könnte. Wie sollte man die Zukunft der mittlerweile zu einem Traditionsblatt gewordenen Anzeigenzeitung sichern? Man wurde sich schließlich einig mit Rautenberg Media. Das Troisdorfer Unternehmen sah und sieht gute Chancen, den Postillon erfolgreich weiterzuführen, ihn weiter zu modernisieren, aber gleichzeitig dessen über 70 Jahre hinweg gewachsenen Eigenschaften zu bewahren. Ingrid und Peter Thiele war es sehr wichtig, dass Lage mit einer engagierten Lokalzeitung eine starke Stimme behält. Diesen Wunsch sehen Thieles bei Rautenberg Media in guten Händen.

Danke und Sorry
Der Postillon hat immer versucht, vor Ort möglichst viele Menschen anzusprechen, sie zu informieren und mitzunehmen. Es ist jetzt an der Zeit, sich bei denen zu bedanken, die damit einverstanden waren und die sich angesprochen gefühlt haben. Es ist auch an der Zeit, „Sorry“ gegenüber denen zu sagen, die nicht erreicht wurden. Als Herausgeber und als Redaktion gehört es zum Beruf, akzeptieren zu müssen, dass nicht jede Grenze überwunden werden kann - auch wenn das Bemühen noch so groß war bzw. ist.
Zum Selbstverständnis des Postillons der jüngeren Vergangenheit zählte, zur „Lagenser Gemeinschaft“ beitragen und selbst Teil dieser Gemeinschaft sein zu wollen. Insbesondere in der journalistischen Begleitung der Kommunalpolitik kommt es natürlich auf eine möglichst faire und neutrale Berichterstattung an und nicht auf das Verschleiern oder Verschweigen unterschiedlicher Auffassungen. Geradezu kontraproduktiv wäre hier die Konstruktion von Gemeinschaft im Sinne einer nivellierenden Harmonisierung der Unterschiedlichkeiten.

Gemeinschaft
und Gegensatz
Doch auch in der journalistischen Begleitung der Lokalpolitik ging es der Postillon-Redaktion neben der selbstverständlichen Berichterstattung darum, niemanden auszugrenzen und eine „Lagenser Gemeinschaft“ darzustellen - auch wenn diese im politischen Bereich aus gegensätzlichen Überzeugungen besteht.
Zuweilen zwei Stunden auf einer Jahreshauptversammlung, gelegentlich drei Stunden auf einer Rats- oder Ausschusssitzung, manchmal vier Stunden bei den Schützen oder den Karnevalisten - für viele erscheint dies als Verzicht auf den wohlverdienten Feierabend. Für das Postillon-Team war es oft eine herausfordernde Aufgabe, den Feierabend und das freie Wochenende zu überwinden und die Belastungsgrenzen immer weiter hinauszuschieben.
Das war keinesfalls einfach. Aber es war stets verbunden mit dem Wunsch, zur Gemeinschaft beitragen und selbst zur Gemeinschaft gehören zu können.
In diesem Sinne dankt das Postillon-Team Ihnen allen - den Kunden, den Inserenten, den Leserinnen und Lesern und auch den kritischen Begleitern - für Ihre Treue, Ihre Anregungen und Ihre Meinungsvielfalt. Ihr aller Zuspruch und Ihre Akzeptanz ermöglichten erst das Bewältigen des Weges, den der Postillon gemeinsam mit Ihnen zurückgelegt hat.
Karl-Heinz Wittwer