Die Stadtmitte als Ort des Miteinanders

Nach dem Lockdown: Die Werbegemeinschaft plädiert für eine einladende und vielfältige Innenstadt

Lage.
Nachdem der von Herbst bis Frühling währende Dauer-Lockdown unlängst beendet wurde und in der Innerstadt Handel sowie Gastronomie große Schritte in Richtung „Normalität“ gemacht haben, meldet sich die Werbegemeinschaft Lage zu Wort mit einigen „Gedanken zur Innenstadtgestaltung und Innenstadtentwicklung“. Den Vorstandsmitgliedern der Werbegemeinschaft geht es dabei darum, die Lagenser Innenstadt als „Raum des Handels und der sozialen Kontakte“ zu stabilisieren.
Die Lockdown-Phase habe vielen verdeutlicht, dass das Stadtzentrum als Ort des Miteinanders und der Begegnung nicht zu ersetzen sei, wenn man auf einen kommunikativen Umgang miteinander Wert lege. Vielfalt und Abwechslung seien Kerneigenschaften einer lebendigen Innenstadt, so Werbegemeinschaftsvorsitzender Thomas Voss. Sicherlich böten auch digitale Medien und der Online-Handel Vielfalt und Abwechslung, aber auf einer ganz anderen Ebene. Eine vielfältige und abwechslungsreiche Innenstadt führe die Menschen zusammen. Sie würden jedoch vereinsamen, wenn es nur noch digitale Medien und den Online-Handel gebe.
Was die Fülle und die Reichhaltigkeit der Lagenser City angehe, ständen die Zeiger der Zeit auf „5 Minuten vor 12“, mahnt Fritz Selse, Ehrenvorsitzender der Werbegemeinschaft. Das habe nichts mit Corona zu tun, sondern beschreibe eine schleichende und zuweilen unterschwellige Entwicklung. Es habe in der jüngeren Vergangenheit einige gute Ansätze gegeben, um die Innenstadt zu revitalisieren: Rathaus-Neubau, Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses am Ort der früheren Rathäuser II (ehemals Hotel Freitag) und II a (ehemals Karbach-Haus), Sanierung von Haus Krügermeyer, West-Carré-Bebauung.
Diesen guten Ansätzen stehe aber andererseits der Verlust kleinteiliger Einzelhandelsstrukturen gegenüber. Und die Gefahr sei nicht zu leugnen, dass sich der Verlust der für Lage so typischen kleinteiligen Strukturen fortsetze, so Fritz Selse, der als Kaufmann, Mitgründer der Werbegemeinschaft (1973) und als deren ers­ter Vorsitzender (1973 - 1988) ein halbes Jahrhundert Lagenser Einzelhandel nicht nur miterlebt, sondern auch mitgeprägt hat.

Lage für das 21. Jahrhundert
Angesichts der Besorgnis, dass für die Innenstadt ein weiterer Bedeutungsverlust nicht ausgeschlossen werden könne, sei es erforderlich, im Rahmen des „Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes“ (ISEK) entsprechende Schwerpunkte zu setzen. Das ISEK für die Kernstadt Lage war als Rahmenplan vom Stadtrat vor ziemlich genau einem Jahr einstimmig beschlossen worden. Drei Monate später wurden 13 Einzelmaßnahmen vom Rat auf den Weg gebracht.
Erste, mit dem ISEK zusammenhängende Städte­baufördermittel waren im Frühjahr 2021 bewilligt worden. Nun komme es darauf an, so Fritz Selse, bei der anstehenden Ausschreibung des städtebaulichen „Wettbewerbs Marktplatz - Bergstraße - Lange Straße“ auch ein übergreifendes Konzept auf den Weg zu bringen, also quasi ein „Lage für das 21. Jahrhundert“ anzuregen.
Wenngleich ein erneuerter Marktplatz das „Aushängeschild der Stadt“ sein müsse, bedeute eine integrierte Innenstadtentwicklung mehr als neue Bänke, neue Laternen und ein neues Pflaster. Inhaltlich müsse es darum gehen, die City attraktiv zu machen z.B. für Handel, Gastronomie, Dienstleister, Vereine und Kulturschaffende. Wenn diese sich in der Innenstadt neu niederließen, dann kämen auch die Bürger in die Stadt, weil sie hier eine urbane Vielfalt erfahren würden - nicht wie in einer Großstadt, aber eben „Lage-typisch einladend“.

Warten reicht nicht aus
Für Thorsten Pohle, stv. Vorsitzenden der Werbegemeinschaft, ist es wichtig, jetzt nicht die Hände in den Schoß zu legen und darauf zu warten, dass Marktplatz, Bergstraße und Lange Straße „irgendwann einmal“ saniert seien. Der Lock­down habe vor Augen geführt, wie schnell innerstädtisches Leben zum Erliegen komme, wenn man nichts tue - und dass es großer Tatkraft bedürfe, zur „Normalität“ zu­rück­zukehren.
Die Intensität der Bemühungen, die jetzigen Leerstände einer guten Nutzung zuzuführen, dürfe nicht nachlassen. Vielleicht sollte man auch Leerstandseigentümer direkt ansprechen bzw. bei potentiellen Leerstandsnutzern „Klinken putzen“. Überlegenswert sei außerdem, ob es sinnvoll und vertretbar sei, dass der Stadtmarketing-Verein in ein Leerstandslokal einziehe und dort ein „City-Büro“ einrichte. Für die Bürger sei es auf jeden Fall einfacher, ein solches City-Büro zu finden, als die hauptamtlichen Mitarbeiter im neuen Rathaus zu suchen.

Angebot der Mitarbeit
Für Peter Thiele, den Geschäftsführer der Werbegemeinschaft, und Thomas Voss steht außer Frage, dass die Mitglieder von Werbegemeinschaft bzw. Stadtmarketing-Verein in den nun konkreter werdenden ISEK-Prozess eingebunden werden sollten. Nach Durchführung des oben erwähnten städtebaulichen Wettbewerbs sollten die Mitglieder ihre Wünsche und ihr Wissen in die weiteren Planungen einfließen lassen können. Die Integration der Mitglieder von Werbegemeinschaft bzw. Stadtmarketing-Verein in den ISEK-Prozess sei nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber diesen lokalen Akteuren, sondern mehr noch eine Wertschätzung gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern. Thomas Voss: „Die Wertschätzung und der Erhalt der Innenstädte ist eine kulturelle, soziale und wirtschaftliche Hauptaufgabe jeder politisch verantwortlich handelnden Person auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene!“