„Die Haushaltssituation bleibt angespannt“

Lage-Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt: „Konsolidierungserfolge sichern - Krisenfestigkeit verbessern“

„Die Haushaltssituation bleibt angespannt“ Lage-Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt: „Konsolidierungserfolge sichern - Krisenfestigkeit verbessern“

Lage.
Ein vierköpfiges Prüfungsteam der Gemeindeprüfungsanstalt NRW (gpaNRW) hat in Lage die Themenbereiche Finanzen, Beteiligungen, Hilfe zur Erziehung, Bauaufsicht sowie Vergabewesen geprüft. Im Stadtrat am Donnerstag, 18. März 2021, wurden die wesentlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen vorgestellt vom Projektleiter Lutz Kummer, dem gpa-Prüfer Theodor Grebe sowie Simone Kaspar, Stellvertreterin des Präsidenten der gpaNRW.
„Die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden in vielen kommunalen Haushaltsbudgets immer sichtbarer. Auch die Stadt Lage muss mit geringeren Erträgen rechnen. Erfreulich ist, dass Lage für die Bewältigung dieser Herausforderung gerüstet ist. In den letzten Jahren hat sich die Haushaltssituation verbessert, ohne dabei sorgenfrei zu werden. Mit Weitsicht und Konsequenz sollte den anstehenden Herausforderungen sparsam und wirtschaftlich begegnet werden, um sie zu meistern“, erklärte die Stellvertreterin des Präsidenten der gpaNRW, Simone Kaspar, den Ratsmitgliedern anlässlich der Vorstellung der Prüfungsergebnisse.
„Die positiven Jahresergebnisse der Jahre 2015 bis 2019 haben dazu geführt, dass die Stadt Lage die Haushaltssicherung verlassen und eigenen finanziellen Gestaltungsspielraum zurückgewinnen konnte“, analysiert gpa-Projektleiter Lutz Kummer und ergänzt: „Die Haushaltssituation bleibt vor dem Hintergrund struktureller Aspekte sowie der Corona-Pandemie angespannt. Das Eigenkapital ist gering. Vergleichsweise hohe Verbindlichkeiten und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sind künftige Risiken für den Haushalt.“ Die gpaNRW empfiehlt den örtlichen Akteuren in Politik und Verwaltung, die Haushaltskonsolidierung wieder zu verstärken, um die Stadtfinanzen für die Zukunft krisenfest zu machen.
Die Beteiligungsstruktur der Stadt Lage ist im interkommunalen Vergleich flach und solide gehalten. Die daraus resultierenden Anforderungen hinsichtlich Datenerhebung und Berichtswesen werden von der Stadtverwaltung erfüllt. Die gpaNRW empfiehlt, für die ehrenamtlichen Gremienvertreter regelmäßig Schulungen zu deren Rechten und Pflichten durchzuführen.

„Gute Präventionsarbeit“
Die Jugend- und Sozialleistungen bedeuten für viele Städte wachsende finanzielle Herausforderungen. Der Zuckerstadt gelingt es dagegen bisher, die Aufwendungen für die Hilfen zur Erziehung bezogen auf die Einwohnerzahl von 0 bis unter 21 Jahren niedriger als bei den meisten Vergleichskommunen zu halten. „Hier wirken sich offensichtlich die gute Präventionsarbeit und eine intensive fachliche Zugangssteuerung aus“, hebt Lutz Kummer anerkennend hervor. Optimierungspotenzial sieht die Landesbehörde noch in der Festlegung von strategischen Zielen sowie im Ausbau des Fachcontrollings.
„Die Bauaufsicht der Stadt Lage ist insgesamt gut organisiert, arbeitet rechtssicher und bürgerfreundlich", lobt gpa-Prüfer Theodor Grebe und sieht in einer Erhöhung des Digitalisierungsgrades und der konsequenten Anwendung des Vier-Augen-Prinzips Handlungsempfehlungen, um die Geschäftsprozesse zu verbessern und überdurchschnittliche Laufzeiten weiter zu reduzieren.
Für Vergaben nutzt die Stadtverwaltung seit 2018 die zentrale Vergabestelle des Kreises Lippe. „Das ist ein kluger Weg, um eine hohe Rechtssicherheit und umfassende Dokumentation der Vergabeverfahren zu gewährleisten. Auch die örtliche Rechnungsprüfung ist gut in die Vergabeverfahren eingebunden“, hebt Theodor Grebe die Vorzüge dieser vollzogenen Umstrukturierung hervor. In der Einführung eines Nachtragsmanagements sowie einer Schwachstellenanalyse zur Korruptionsprävention sieht die gpaNRW allerdings noch Handlungsbedarfe für die nahe Zukunft.

Spielräume absichern
„Die Zuckerstadt steht wieder auf festerem finanziellen Boden. Damit dies trotz zunehmender Unsicherheiten sowie anstehender Investitionen bei kommunalen Gebäuden und Straßen so bleibt, sollten eigene Anstrengungen in der Prozess- und Strukturoptimierung vorgenommen werden. Als erfolgreiche Beispiele in den letzten Jahren dienen hier sicher der Bau des Lagenser Forums sowie die Neuorganisation des Vergabewesens“, hebt Simone Kaspar hervor und ergänzt: „Die zurückgewonnenen kommunalpolitischen Handlungsspielräume sollten Sie mit Haushalts­konsolidierungsmaßnahmen nach­haltig absichern.“
Bürgermeister Matthias Kalkreuter erklärt abschließend zu den Ergebnissen der gpaNRW: „Der Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt hat uns in vielen Bereichen gute Arbeit und richtige Entscheidungen attestiert. Unsere Fachgruppe Jugend befindet sich landesweit in der Spitzengruppe. Darüber freuen wir uns sehr. Die Hinweise auf einzelne Themenbereiche, die einen Optimierungsbedarf erkennen lassen, nehmen wir gerne auf, um hier nachzubessern. Der gpa-Bericht weist deutlich darauf hin, dass Politik und Verwaltung sich in der kommenden Zeit mit der finanziellen Situation der Stadt Lage zu beschäftigen haben, auch mit einem gezielten Blick auf die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Rat und Verwaltung stehen vor der Aufgabe, gemeinsam kluge Entscheidungen zu treffen, damit unsere Stadt auch in Zukunft handlungsfähig bleibt.“

Die gpaNRW
Die gpaNRW ist Teil der staatlichen Aufsicht des Landes über die Kommunen und wurde im Jahr 2003 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Herne. Ihr ist durch Gesetz und Gemeindeordnung die überörtliche Prüfung aller 396 Kommunen, der 30 Kreise sowie der Städteregion Aachen, der beiden Landschaftsverbände und des Regionalverbandes Ruhr (RVR) übertragen. Präsident der gpaNRW ist seit Oktober 2017 Bürgermeister a.D. Heinrich Böckelühr.
Die gpaNRW hatte in Lage zuletzt die städtischen Haushalte und Rechnungsabschlüsse der Jahre 2007 bis 2012 intensiv überprüft und diese Ergebnisse im Stadtrat vorgestellt im März 2015. Der Prüfungsschwerpunkt lag damals auf den Themen Finanzen, Personalwirtschaft, Schulen, Kindertagesstätten und Grünflächen. Ein wesentliches Fazit der Prüfung, vorgetragen von ihrem damaligen Präsidenten Werner Haßenkamp sowie seinen Mitarbeitern: Im Grundschulbereich verfüge Lage über zu große Flächen bzw. zu viele Gebäude, die höhere Kos­ten verursachten, als für einen guten Schulbetrieb eigentlich nötig wären. Unter Berücksichtigung der damaligen Schülerzahlen seien die Grundschule Heiden und die beiden Standorte (Müssen, Hörste) der Bunten Schule für den Flächenüberhang ursächlich.

2015: Heiden schließen
Die gpa rate der Stadt dringend, hieß es 2015, eine Grundschule zu schließen, um die zu bewirtschaftenden Gebäudeflächen den tatsächlichen Schülerzahlen anzugleichen und einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Angesichts des sehr deutlich ausgeprägten Flächenüberhangs in Heiden sei es nachvollziehbar und aus Gründen der Nachhaltigkeit logisch, die Grundschule Heiden dichtzumachen.
Den Ratsmitgliedern gefiel der damalige gpa-Vorschlag gar nicht. Der seinerzeitige Bürgermeister Christian Liebrecht stellte sich an die Spitze der Protestbewegung. Es komme keinesfalls in Frage, eine Grundschule zu schließen. Zumindest nicht solange, wie es noch genügend Schüler gebe.
Mit seinem Einsatz für die Lagenser Grundschulen lag Chris­tian Liebrecht durchaus richtig. In der jetzigen Ratssitzung am Donnerstag, 18. März, sprach sich der Stadtrat einstimmig dafür aus, an der Grundschule Heiden zu Schuljahresbeginn 2021/2022 eine zweite Eingangsklasse einzurichten (der Postillon berichtete). Neben dem Schüleraufkommen (34 Anmeldungen) war ausschlaggebend, dass in Heiden die räumlichen Voraussetzungen gegeben waren bzw. sind. Wäre der Rat vor sechs Jahren dem gpa-Vorschlag gefolgt, hätte es die zweite Eingangsklasse in Heiden jetzt nicht gegeben.